Eine kleine Zeitreise im Schneckentempo, mit einem Halt am spektakulären Gemüsemarkt von Danyingon: Wer in Yangon ist und ein Blick auf das alltägliche Leben der Einheimischen werfen möchte, sollte sich die Zeit nehmen und unbedingt die dreistündige Zugfahrt mit der Yangon Circle Line machen.
Zusammenfassung:
- Zugfahrt von Yangon über Danyingon nach Yangon
- Der Zug fährt alle 30 Minuten
- Dauer der Zugfahrt: Mindestens 3 Stunden
- Tickets können direkt auf Plattform 6 & 7 gekauft werden
- Kosten: 200 Kyat pro Person
Mit dem Zug einmal um die Stadt
Ein Blick hinter den Kulissen werfen und den Alltag der Einheimischen besser kennenlernen: Dies macht eine dreistündige Fahrt mit dem Circular Train rund um die Stadt möglich. Ein kleines spontanes Abenteuer in Yangon, der ehemaligen Hauptstadt von Myanmar.
Bereits der Kauf der Fahrkarte stellt sich komplizierter an als gedacht: Ich bin nämlich aus Versehen auf der Hinterseite des Hauptbahnhofs angekommen. Hier gibt es zwar auch Ticketschalter – doch leider nur für nationale Strecken, wie es sich herausstellt.
Tickets für den Circular Train gibt es direkt auf der Plattform, erfahre ich vom freundlichen Mitarbeiter in einer Mischung zwischen Englisch und Gestik. Doch einen direkten Zugang zu den Plattformern gibt es von hier aus nicht. Also laufe ich einmal um das Gebäude, bis ich schlussendlich die Plattform 6 & 7 erreiche. Und tatsächlich: In einem Häuschen (ein Schalter extra für Touristen) erhalte ich für läppische 200 Kyats das gesuchte Ticket.
Bitte alle einsteigen!
Während der halbstündigen Wartezeit auf dem Perron – ich habe wohl soeben einen Zug verpasst – beobachte ich das Geschehen am Bahnhof. Auf der gegenüber liegende Seite ist gerade ein anderer Zug angekommen. Menschen strömen aus den Wagons, und es scheint nicht mehr aufzuhören. Diese Mischung aus chaotischer Hektik der Gruppendynamik mit vollständiger Gelassenheit der einzelnen Menschen fasziniert mich regelrecht. Ein im Vergleich zu Europa ziemlich ungewohntes Bild.
Als dann endlich mein Zug laut donnernd einfährt, bin ich fast ein wenig enttäuscht, dass dieser vollkommen leer ist. Die Zugwagen sind alt, verrostet, scheinen unzerstörbar zu sein. Sie haben schon einige Jahren auf dem Buckel und könnten Dir bestimmt eine Menge Geschichten erzählen.
Kommen Sie rein, können Sie rausgucken
Mönche, Kinder, junge und ältere Frauen, Tabak kauende Männer steigen in den Zug ein. Und auch hier werde ich als weisser Europäer regelrecht angegafft – aber stets immer mit einem freundlichen Lächeln verbunden. Dennoch ist es ein komisches Gefühl, nur wegen dem Äusseren so aufzufallen.
Langsam, ja sehr langsam und mit grösstem Krach fahren wir los. Der Zug verlässt den Bahnhof, vorbei an dicht besiedelten Wohnquartieren. Eine fast 50 Kilometer lange Zugfahrt steht mir nun bevor, mit 38 Haltestellen bis ich wieder zurück bin. Es rattert, es ruckelt. Jeden Sprung in den Geleisen spürt man bis ins Knochenmark. Zum Glück verspüre ich jeweils keine Reiseübelkeit.
Die Aussicht aus dem Fenster während der Fahrt scheint wie ein guter Dokumentarfilm. Vorbei fahren wir an alte Kolonialhäuser, die völlig heruntergekommen scheinen. An slumartige Siedlungen, in denen die Menschen mit dem Wenigsten auskommen müssen. An wunderschöne Landschaften, mit Reisplantagen und von Ochsen bewirtschaftete landwirtschaftliche Felder. Aber auch an neu gebauten Villen, wo wahrscheinlich die reichste Bevölkerungsschicht von Yangon lebt. Wie überall in Myanmar sieht man immer wieder kleinere buddhistische Tempeln, bei denen das Gold der Pagoden so schön an der Sonne schimmert. Und immer wieder gibt es arg verschmutzte Gewässer und grössere Mülldeponien zu sehen, auf denen die streunenden Köter Futter suchen.
Alle diese Kontraste mögen beim Zugfahren unterhaltsam sein, doch sie regen mich zum Nachdenken an. Ich bin so dankbar, dass ich per Zufall in der westlichen Welt geboren wurde. Es ist so tragisch, müssen so viele Menschen mit solch miserablen Lebensbedingungen auskommen. Und es scheint, die Welt wird eines Tages im Plastik ersticken.
Auch im Zug selber spielen sich filmreife Szenen ab. An jeder Haltestelle kommen neue geschäftstüchtige Händler in den Zug: Früchte und Gemüse, Eier, frittierte Snacks, Wasser, Lesebrillen oder Handy-Ladekabeln kann man hier kaufen. Man kann auch schlafende Polizisten in einer Ecke des Zuges beobachten. Oder den lauten Gesprächen und Lachen von tratschenden Marktfrauen durch den Zug hallen hören. Aber auch einem intensiven Disput zwischen Männer lauschen. Und natürlich das herzliche Lachen der Kinder, wenn sie einen Touristen wie mich sehen.
Der Markt von Danyingon: Auf, neben und hinter den Schienen
Nebst der Fahrt selber nähern wir uns im Schneckentempo dem eigentlichen Highlight entgegen. Die Einheimischen im Zug wissen was bevorsteht, und stehen bereits vor Ankunft in Danyingon auf. „Mach Dich parat für das Aussteigen“, scheint mir eine Frau mit ihrer Gestik mitteilen zu wollen.
Und das mache ich auch, weil was kommen wird, habe ich wirklich noch nie in dem Ausmass so gesehen: Auf dem Perron von Danyingon herrscht die vollkommene Marktstimmung! Ein Bauer muss seinen Platz kurz freimachen, damit wir überhaupt aussteigen können, ohne dass wir seine Zwiebeln zertrampeln. Auf der Plattform gibt es keinen freien Quadratmeter, überall verhandeln Frauen und Männer die Preise für ihre Früchte und Gemüse. Ein lautes, farbenfrohes und spektakuläres Schauspiel. Und sobald der Zug abgefahren ist, nehmen viele auch direkt auf den Schienen Platz um ihre Ware an den Mann zu bringen!
So spaziere ich im Rummel der Einheimischen, als einziger Tourist vor Ort. Kinder und Verkäufer posieren gerne für meine Kamera, Marktfrauen schenken mir ihr bestes Lächeln.
Als ich bemerke, dass auf der anderen Seite der Geleise, also hinter dem Bahnhof sozusagen, der Markt weiter geht, will ich mir dies ebenfalls ansehen. Und was ich schnell realisiere: Was sich auf dem Zugperron abspielt, ist nur das Vorspiel vom Ganzen. Ein riesiger Markt findet in Danyingon täglich statt, ein wahres Labyrinth auf mehreren hunderten Quadratmetern.
Rückreise nach Yangon
Nach einer guten Stunde auf dem Markt steige ich wieder in den Circular Train zurück Richtung Yangon. Ich bin ein bisschen überrumpelt ab all diesen Eindrücken. Aber mit den Bildern aus dem Zug mache ich mir weitere Gedanken zum Leben der Burmesen. Welches bestimmt nicht immer einfach, aber zumindest lebensfroh und richtiggehend spektakulär ist.
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Warst Du auch schon in Yangon und hast Du ebenfalls den Circular Train genommen? Was hast Du so auf Deiner Myanmar Reise erlebt? Ich freue mich auf Deinen Kommentar !
Eine Antwort
Magnifique! ton reportage et tes photos sont splendides! Bravo!
Les couleurs sont très vives et j’imagine que le bruit de fond doit résonner comme une musique?
Quelle est cette poudre ou crème que les gens mettent sur leur visage et les bras? Protection contre soleil?
Bises